Die L44 durfte sich als erstes mit ein paar Hymnen der CD „Convergence“ zeigen. Sofort fiel die tiefe Bühne auf. Malia stand 1-2 Meter vor den Lautsprechern. Hinter den Boxen füllten die dunklen Drums und elektronischen Klangfarben von Boris Blank die Breite und Tiefe des (nicht eben kleinen) Hörraumes aus. Die klare, präzise und detaillierte Wiedergabe der Eton´s nahm ich fast beiläufig und wenig überrascht zur Kenntnis. Das Klangbild war aus einem Guss. Die Mitteltöner sind tief getrennt und bilden nahezu vollständig die Stimmen ab. Neugierig war ich, wie sich der 26 HD 3 einfügen würde. Meine Sorge, ich könnte wie einst bei der Little Prinzess nach ein paar Stücken eine Überbetonung im Hochton empfinden, war unbegründet. Er blieb bei den Synthesizern von Boris Blank (und auch später) immer unauffällig, ohne nervende Spitzen oder störende Schärfe. „Gut gemacht Udo, die kauf ich!“, teilte ich den anwesenden Hörern meine Zufriedenheit mit und musste ein schlagfertiges „Ich verkauf die aber nicht.“ einstecken.
Stefan stöpselte seinen Symasym und eine feine Cambridge-Vorstufe an. Ich saß kurz auf der Fensterbank, deutlich aus dem Stereo-Dreieck heraus. Aber das störte bei Eric Clapton „Unplugged“ überhaupt nicht. Die Musik ist nicht besonders komplex. Aber man kann der Gitarre Ton für Ton folgen, scharfe und weiche Anrisse der Saiten präzise wahrnehmen und auf kleinste Ereignisse im Hintergrund achten. Und dazu die Live-Atmosphäre genießen, die die Lautsprecher in den Raum übertragen. Die wippenden Füße der weiteren Hörer signalisierten mir, dass ich damit nicht alleine war.
Mariza, eine virtuose Fado-Sängerin, sang danach „Maria Lisboa“ von der CD „Concerto em Lisboa“. Durchdringend, facettenreich und wehmütig sind passende Begriffe, um Mariza´s Stimme zu beschreiben. Authentisch muss die Wiedergabe vor allem sein. Die fast im Sekundentakt wechselnden Variationen ihrer Stimmbänder sollen klar und glaubwürdig klingen. Auch sehr leise Passagen, wenn sie das Mikro einen Meter von sich hält, dürfen nicht verschluckt werden. Dazu soll jedes Tremolo und jedes Umgreifen der Akustikgitarren hörbar sein. Um herauszufinden, ob die L44 dies liefert, konnte ich auf ein zweites Stück verzichten.
Irgendwann legte Justus „Diablo Rojo“ von Rodrigo y Gabriela ein. „Lauter!“ war die Bitte an den DJ. Alle Mundwinkel gingen nach oben. „Noch lauter!“ Schülzken lachte: „Klopft ja mächtig der Bass, dat gefällt.“ Die beiden 8“er waren jetzt sichtbar erregt und machten Hub, zeigten sich aggressiv, aber von Kontrollverlust keine Spur, die Bässe blieben knackig und trocken. Manchmal wird ja in Foren über Teilaktivierung von Stereo-Boxen diskutiert, selten hab ich das so wenig verstanden wie an diesem Nachmittag.
Auch die L54 wurde natürlich zwischendurch angeschlossen. Sehr ähnliche Weichentypologie und Chassis-Bestückung ließen keinen neuen Lautsprecher erwarten, die kleinen Unterschiede liegen im Detail. Der ER4 in der L54 spielt im Hochton etwas seidiger, sanfter und kitzelt auch noch letzte kleine Informationen aus der Aufnahme. Die L44 kommt mit ihrem größeren Volumen für die 8“er und längerer BR-Abstimmung geringfügig tiefer. Durch ihre Doppel-d´appolito-Anordnung vermittelt sie mir ein etwas direkteres „Schallwand“-Gefühl. Auch wenn Suggestion dabei eine Rolle spielen sollte, ich mag das.
Am selben Abend noch stellte ich die Boxen zu Hause im Wohnzimmer auf, legte Yello ein und drehte trotz später Stunde den Poti am Rotel auf Mitternacht. Meine Frau machte große Augen und drückte sich nach hinten ins Sofa wie beim Start einer klapprigen Propellermaschine. Meine Tochter stand mit offenem Mund daneben.
Puh – alles richtig gemacht!
Jo