Nicht spekulieren müssen wir über den Klang der Chorus 85, wir haben sie ausgibig im Hörraum am Destiny KT 88 getestet. Begonnen haben wir mit Rock aus der Zeit, als meine Haare noch die gleiche Farbe hatten wie die Scheiben, von denen die Musik kam. Wishbone Ash zählten damals zu den nicht seltenen Bands, die sich nicht dem dreiminütigen Wiederholen von Refrains hingaben. Wär auch Blödsinn, wenn man zwei Lead-Gitarristen auf die Bühne stellt. “Argus” lag schnell auf dem Drehteller, “Time was” (hier auf youtube) ist eine melodische Ballade, die ich 1972 zum ersten Mal bei Manfred im Studi-Zimmer genießen durfte. Dass die Wiedergabe längst nicht die heutige Qualität hatte, lag an seinen Boxen, ich kann mich über die Chorus 85 dagegen nicht beschweren. Der Bass und die Drums, die überhaupt erst nach drei Minuten richtig mit machten, kamen knackig dynamisch daher, zwei Gitarren. gelegentlich zwei Stimmen, die fast zehn Minuten gemeinsam zum Zuhören zwangen.
Weit moderner wurde es mit Touch Yello und Til Tomorrow (auch youtube). Was die beiden Schweizer gemeinsam mit Til Brönner 2009 an Bühne und Tiefbass auf ihr Werk zauberten, gab mein Testobjekt nahtlos wieder. Die Chassis hatten keinerlei Mühe, erfolgreich als Einheit aufzutreten, nichts spielte sich in den Vordergrund. Klassisch wurde es mit Schuberts Winterreise. Dietrich Fischer-Dieskau rollt fantastisch das “r”, als er mir die Geschichte vom “Lindenbaum” (was man nicht alles bei youtube findet! Meine CD hat aber die bessere Stimme) vorsingt. Lange schwingen die Saiten des Flügels nach und der Pianist zeigt, warum sein Instrument auch Piano-Forte heißt.
Den letzten Satz der zu kurzen, musikalischen Reise überließ ich dem Blues. Beth Hart verzauberte mich mit ihrer einfühlsamen, manchmal aber auch kratzigen Stimme, als sie mir versprach: “I’ll take care of you” (wo findet man es?). Joe Bonamassa darf sie nicht nur ansagen, seine Gitarre lässt er auch so wunderbar jammern, heulen und klagen, wie es sich für die “Unter die Haut”-Musik nun mal gehört. Dass ich nicht darüber berichte, was die Chorus 85 dabei alles richtig gemacht hat, möge man mir nachsehen. Die Musik war einfach zu schön, um über solch banale Dinge zu berichten.
Udo Wohlgemuth